Frankreich und Bad Kissingen
Eine wechselhafte Geschichte verbindet die deutschen Staaten und Frankreich. Das politische Verhältnis war lange schwierig und regelmäßig von kriegerischen Auseinandersetzungen bestimmt. Auf kultureller Ebene, im Geistes- und Musikleben bestand jedoch ein reger Austausch. Trotz nationalistischer Töne, die bis ins 20. Jahrhundert die Beziehungen belasteten, galt Frankreich immer wieder auch als Vorbild. Man bewunderte die Literatur, Kunst und Kultur der »Grande Nation«, schätzte Genieß rtum, Raffinesse und »Savoir-vivre«. Paris, die Hauptstadt der Oper, zog im 19. Jahrhundert nicht nur Wagner und andere Komponisten magisch an.
Franzosen in Bad Kissingen?
In Bad Kissingen, das im 19. Jahrhundert Adel, Prominenz und Künstler aus vielerlei Ländern zu Kur und Sommerfrische empfing, waren Franzosen allerdings eher selten zu Gast. Nur wenige französische Namen findet man beim Durchstöbern der Annalen und Gästelisten. Ob zum Beispiel einige Mitglieder der Familie Bonaparte im Jahr 1837 tatsächlich Bad Kissingen besucht haben, ist bis heute umstritten. Aber immerhin gibt es ein Zitat aus einem Brief, den Napoleons Nichte Jenny von Gustedt hier geschrieben hat: »Größere Spaziergänge im Kurgarten sind so gut wie ausgeschlossen, weil man überall Weide vieh begegnet oder in Ziegenkot tritt.«
Zwei Jahre später verbrachte der französische Reisschriftsteller Astolphe Marquis de Custine einige Zeit an der Fränkischen Saale. 1856 kam der Italiener Gioachino Rossini aus Paris zur Kur und lernte hier Alexis Revenas, einen Pariser Großhändler kennen, dem er das berühmte Notenblatt mit den acht Takten widmete. 1911 trafen sich der französische Außenminister Jules Lambon und sein deutscher Amtskollege Alfred von Kiderlen-Waechter,
um über Kolonialfragen zu verhandeln.
Partner und mehr
Heute ist das Verhältnis der beiden Länder ein anderes. Die deutsch-französische Freundschaft und Versöhnung wurde zum Motor der europäischen Einigung. Das gilt auch auf lokaler Ebene: Seit über 60 Jahren pflegt Bad Kissingen enge Verbindungen zu seiner französischen Partnerstadt Vernon, die sich nicht nur auf jährliche Besuche beim Rakoczyfest beschränken. Und 2021 ist unser Kurort mit zehn weiteren europäischen Heilbädern der »Great Spa Towns of Europe« ins UNESCO Welterbe aufgenommen worden – und sitzt nun mit dem französischen Vichy in illustrer Runde.
Bienvenue à Bad Kissingen
Im musikalischen Bereich war es der Kissinger Sommer, der seine Hände nach Frankreich ausstreckte. Immer wieder kamen Orchester, Solisten oder Kammermusiker zum Festival, besonders 1992 und 2014, als die französische Musik und ihre Interpreten schon einmal im Fokus standen. Die Aufmerksamkeit gebührt unserem Nachbarland im Festivaljahr 2025 ein weiteres Mal – und das in einer bislang ungeahnten Bandbreite: Mit französischer Musik vom filigran-spritzigen Barock über Berlioz’ fantastische Symphonik, den flirrenden Impressionismus bis zum glamourösen
Chanson. Bienvenue à Bad Kissingen!